Liebe Mitglieder des Vereins, liebe Helfer, Spender und Unterstützer!

In Madagaskar stand das Jahr 2013 ganz im Zeichen der Präsidentschaftswahlen. Nach 4 quälend langen Jahren des Stillstandes, der Resignation, der Korruption, der Armut und des Ausverkaufes der Schätze des Landes mit einer zunehmenden Verelendung der ohnehin armen Bevölkerung durch eine unfähige Regierung unter Putschpräsident Andry Rajoelina kam Hoffnung auf. Laut oberstem Wahlgericht CES hat aber bei einer Stichwahl dessen verlängerter Arm und Ex-Finanzminister Hery Rajaonarimampianina mit 53,5% der Stimmen gewonnen. Dessen Wahlkampf soll 43 Millionen US- Dollar gekostet haben! Und das in Madgaskar. Die Wahlbeteiligung lag bei 50%. Der unterlegene Dr. Robinson spricht von groß angelegter Wahlfälschung und Betrug. Das Land scheint durch die Wahl gespaltener denn je zuvor. Natürlich ist diese Wahl ein Erfolg. Unzweifelhaft aber ist das Ergebnis in einem von Korruption und Bestechung, von Ausbeutung, extremer Armut und Analphabetentum geprägten Land kein Lehrstück fairer, unabhängiger oder gerechter Wahlen. Leider gibt das Ergebnis keinen Anlass zur Hoffnung auf gravierende Verbesserungen in der Lebensqualität der madagassischen Bevölkerung. Die Armut wird bleiben. Gewalt, Kriminalität und Überlebenskampf, besonders in den Ballungszentren, werden bleiben. Der Ausverkauf der Rohstoffschätze des Landes wird kaum gestoppt werden.

Trotz dieser Verhältnisse blick der Verein „Melzer-Madagaskar-Projekt e.V.“ auf ein sehr erfolgreiches Jahr 2013 zurück. Unser Verein ist nunmehr auf 25 aktive Mitglieder angewachsen. Wir haben inzwischen eine beeindruckende Anzahl an aktiven und zuverlässigen Helfern und Unterstützern, die mit organisatorischem Aufwand, mit Geld- und Sachspenden die Vereinsarbeit erst möglich machen. Dazu gehören viele unserer Patienten, dazu gehören Freunde und Kollegen, dazu gehören die Kliniken in Zeitz und Weißenfels und auch Pharmafirmen. Exemplarisch für alle möchten wir hier Familie Panther danken, die an Stelle von Geschenken für 2 runde Geburtstagsfeiern um Spenden für den Verein gebeten hatte. Nur durch all diese Helfer können wir den Mitarbeitern und Patienten der  Klinik St. Luc in Tuléar zuverlässig konkrete, projektbezogene Hilfe anbieten und realisieren.

Seit Oktober 2012 arbeitet Frau Dr. Anna Klöpfer nun schon an der Clinique St.Luc. Nach anfänglicher Skepsis der Kliniksleitung ist sie jetzt ein sehr wichtiger Partner vor Ort. Ihr Rat ist bei Ärzten und Schwestern gleichermaßen geschätzt. Unter ihrer Anleitung verbesserten sich Organisationsstrukturen und Hygiene in der Klinik. Ultraschalluntersuchungen werden nun routinemäßig durchgeführt. Blutuntersuchungen (z.B. Malariadiagnostik) wurden modernisiert. Dank ihrer Beziehungen zur GIZ konnte neue Labortechnik erworben werden. Anna Klöpfer führte Notfallweiterbildungen für die Schwestern mit Reanimationstraining durch. Ein Notfallkoffer wurde eingerichtet. Ein neuer Laptop mit Internetzugang ist zur Fachinformation der Mitarbeiter von unschätzbarem Wert. Sie organisierte neue Lehrbücher in französischer und englischer Sprache. Ihr Wirken vor Ort als Vereinsmitglied bringt uns Informationen aus erster Hand und hilft unschätzbar bei der Koordination der Projektarbeit. Erwähnt werden soll auch, dass private Aktivitäten ihres Vaters zu einer bedeutenden finanziellen Unterstützung des Vereins führten.

Heike und Frank Melzer reisten gemeinsam mit dem Kinderarzt Christian Hönemann aus Altenburg im März und April 2013 erneut an die Clinique St. Luc in Tuléar. Unübersehbar haben Armut und Dreck im Lande zugenommen. Es gibt mehr Bettler und Kleinkriminelle, mehr Polizei und Korruption, vereinzelt aber ausgestellter Wohlstand. Auf dem Land fehlt es an Verwaltung. Straßen werden nicht repariert und sind ungleich schlechter als 18 Monate zuvor. Das kleine Bahnsystem steht vor dem Kollaps. Landraubbau, riesige Erosionsschäden durch Brandrodung, fehlender Schutz der verbliebenen Naturreservate, Jugendliche mit Gewehren fallen auf. Unterwegs beeindrucken Lehm- und Holzhütten ohne Strom und Wasser, unheimlich viele Kinder und bettelarme Menschen. Der Putsch hat tiefe Spuren hinterlassen. In der Klinik erwartet uns ein begeisterter Empfang. Hier hat sich viel verbessert. Die mit unserer Planung und Finanzierung rekonstruierte Ambulanz ist modern, sauber, einladend. Alle Räume sind nun mit Waschbecken ausgestattet, Toiletten für Männer und Frauen mit modernem Standard. Dach, Fenster, Türen, Böden sind neu, die Wände hell gefliest. Neben viel Licht gibt es auch Schatten. Ein Chirurg verließ die Klinik in Richtung Hauptstadt. Auch Schwestern und eine der Hebammen werden an anderen Orten besser bezahlt. Ihr Weggang bedeutet Verlust. Aufgrund der erdrückenden Armut und der fehlenden Einnahmen war die Kliniksleitung nicht in der Lage, das Gehalt der Mitarbeiter zu erhöhen. Immerhin wohnen die meisten Mitarbeiter kostengünstig und mit mehr Sicherheit auf dem Kliniksgelände. Uns Besuchern fallen die hohe Arbeitsmoral, der Fleiß und die Wissbegierigkeit aller Mitarbeiter auf. Die Zusammenarbeit macht viel Freude. Der Übergang der Leitung der Klinik vom alten, erfahrenen Universalgelehrten und Mediziner Dr. Noël Rakotomavo auf den ökonomisch und organisatorisch begabten und hochmotivierten Sohn Herizo wirkt stockend. Der bauliche Zustand anderer Gebäude wie des Labors, der Entbindungsabteilung und der Krankenbaracke für die Armen sind erbärmlich. Der Verein bietet die komplette Finanzierung der Rekonstruktion dieser Krankenbaracke an, macht aber eine zeitgemäße Ausstattung mit Toiletten und Sanitärtrakt zur Bedingung. Von 2 Ultraschallgeräten, mit denen wir im Vorjahr arbeiteten, funktioniert nur noch eins, welches aber zertrümmert ist. Auch andere Technik und andere Vorräte werden nicht gepflegt und geschützt. Andererseits kam Ende des Jahres eine Kollegin von einer halbjährlichen Weiterbildung aus der Hauptstadt zurück, um an der Clinique St. Luc endoskopische Untersuchungen eigenverantwortlich durchzuführen. Und es gelang, 2 neue junge Ärzte anzustellen, die zu Chirurgen ausgebildet werden sollen. Der vom Verein gespendete Video-Beamer wird inzwischen regelmäßig alle 2 Wochen für Kinoveranstaltungen in der Klinik für Kinder und Erwachsene und zur Weiterbildung der Mitarbeiter genutzt. Wir kritisierten vor Ort die teils unwürdigen Unterkünfte einzelner Mitarbeiter. Hier investierte die Klinik in den vergangen Monaten erheblich, so dass von den Wirbelstürmen zerstörte Hütten nun als solide Häuser beachtliche Wohnqualität bieten.

Wie schon 2012 haben wir mit eindrucksvollen Fotos unserer Reise einen Jahreskalender „Madagaskar 2014“ gestaltet und immerhin 40 Exemplare verkauft. Manche Bestellwünsche konnten leider nicht mehr erfüllt werden. 300,- Euro Erlös ging an den Verein.

Nach unserer Reise im März-April 2013 an die Klinik gab es viel zu berichten. Unser Vortrag an der Zeitzer Volkshochschule war so gut besucht, dass die geplanten Räumlichkeiten nicht ausreichten und wir in die Aula umziehen mussten. Auch Vorträge im Bürgerhaus Hohenmölsen, in Langgrün und im Altenburger Klinikum zogen eine Vielzahl an Neugierigen an und brachten mit den sehr interessanten Veranstaltungen auch willkommene Spenden. Im November 2013 nutzten wir die Fachweiterbildung von Thüringer und Sachsen-Anhalter Ärzten in Freyburg, unsere Vereinsarbeit und die Clinique St. Luc vorzustellen. In der neurologischen und der urologischen Praxis Zeitz informierten aktuelle Fotoausstellungen über Land und Leute und die Klinik in Tuléar. Die Diapräsentation aktueller Bilder des Landes im Wartezimmer der urologischen Praxis wurde erneut sehr begeistert angenommen.

Die neue Webseite des Vereins wurde 2013 fertiggestellt. Um die Kosten für einen Grafiker zu sparen und mit den Spendengeldern sparsam umzugehen, hatten wir die Inhalte und Darstellung der Seiten selbst entwickelt. Nun ist eine überzeugende und informative Plattform entstanden, die unserem Anliegen gerecht wird. Die Vereinsarbeit soll persönlich, verbindlich und konkret verfolgt werden können. Berichte und Bilder sollen die Schönheit und Widersprüchlichkeit Madagaskars wiederspiegeln und Spender sich wiederfinden. Die Pflege und Aktualität der Webseite danken wir nun unserem Sohn Sebastian Melzer, der sich mit guten Ideen, viel Zeit und Sorgfalt schon seit März 2013 dafür verantwortlich fühlt.

Im April 2013 würdigte die Wartezimmerzeitung PRAXISVITAL die Arbeit des Vereins und besonders die Tätigkeit von Frau Dr. Klöpfer mit einem zweiseitigen Artikel. Im Mai bzw. Juni 2013 erschienen umfangreiche Artikel des in Madagaskar lebenden Journalisten Klaus Heimer, der uns bei unserer Tour im März 2013 von der Hauptstadt Tana an die Klinik in Tuléar begleitet hatte, über unsere Projektarbeit in der Mitteldeutschen Zeitung und in der Ostthüringer Zeitung. Der SuperSonntag berichtete 2x umfassend von unserer Reise und dabei sogar mit einem Livebericht aus der Klinik. Im November 2013 wurde in der Osterland Sonntagszeitung über unsere Arbeit informiert.

Das Transportproblem ist nicht gelöst. Kleinere Pakete senden wir unverändert nach Frankreich, um Einfuhrzölle zu umgehen. Dort werden sie von einem betagten Pater umetikettiert und zollfrei in die ehemalige französische Kolonie weitergeleitet. Da die Transportkette durch das Alter des Franzosen gefährdet scheint, sind wir froh, dass wir mit unserem französischen Freund Michaël Wizmann nun eine sichere und langfristige alternative Hilfe haben.

Ein anderes Transportproblem tat richtig weh. Der Geschäftsführer der Asklepios-Klinik Weißenfels Herr Bauer stellte 20 gut erhaltene, funktionstüchtige Krankenhausbetten mit Matratzen und Nachttischen bereit. Diese waren mit je 2 Hydraulikpumpen elektrisch verstellbar, aber in keiner Weise demontierbar. Diese Hightech- Ausstattung, für die deutschen Patienten eines renommierten Konzerns nicht mehr gut genug, ist für die Klimaverhältnisse in Tuléar ungeeignet und der Transport unrentabel. Wir verzichteten auf die Spende! Frau Dr. Birgit Nitsch und Herr Dr. Jörg Federbusch stellten der Klinik gut erhaltende Ultraschallgeräte zur Verfügung, die wir 2014 ebenso wie die ca. 20 Fahrräder der DEKRA- Akademie nach Tuléar versenden müssen.

Mit den finanziellen Einnahmen konnten wir in diesem Jahr wichtige Projekte realisieren: So haben wir die Auslagen der Clinique St. Luc für Frau Dr. Klöpfer finanziert. Alle nichtärztlichen Mitarbeiter der Klinik wurden mit einem ADES- Energiesparkocher versorgt. 2000,- Euro wurden der Klinik für dringende Reparaturen bereitgestellt. Alle anderen Rücklagen werden 2014 für die Rekonstruktion der Krankenbaracke benötigt, die wir mit 20 000 bis 30 000,- Euro veranschlagen.

Im Schatten dieser großartigen Ereignisse gab es auch andere Erfahrungen in Deutschland. Während unseres Madagaskaraufenthaltes hatten wir unter anderem die Gelegenheit genutzt, die staatliche Grundschule Motombe in Tuléar zu besuchen. Die Erlebnisse und Eindrücke sind unbeschreiblich: Armut pur. Wir sahen ein vom Zyklon im Februar 2013 erheblich zerstörtes Schulgebäude. Eine vorher vorhandene Reisküche fehlte. Lehrer arbeiteten unentgeltlich. Von über 300 Kindern kam nur noch ein Bruchteil zum Unterricht, da die übliche Reismahlzeit nicht mehr gewährt werden konnte. Staatliche Hilfe zur Reparatur des Schulgebäudes oder zum Wiederaufbau der Küche war überhaupt nicht in Sicht. Der schuleigene Brunnen war versottet und konnte nicht mehr genutzt werden. Schulmaterialien gab es kaum. Die Kleidung und die Armut der Kinder waren unbeschreiblich. Wir trugen die Erfahrungen, gemeinsam mit einer Vielzahl an eindrucksvollen Fotos und einer Bitte um Unterstützung für diese Schule an die Schulleiter der Gymnasien von Droyßig und Zeitz heran, leider ohne Resonanz.

Es bleiben genug Probleme: Die gigantische Armut in Madagaskar führt unverändert dazu, dass Patienten ihre Behandlung nicht bezahlen können. Auch bei gutem Willen der Kliniksärzte kann nicht jeder Kranke unentgeltlich behandelt werden. Es fehlt weiterhin an wichtigen Materialien des Krankenhausbetriebes. Manches kann vor Ort besorgt werden. Für viele Materialien und auch Kleinigkeiten stellen der Transportweg und die Versanddauer ein Problem dar.

Wir möchten hiermit allen, die unseren Verein „Melzer-Madagaskar-Projekt e.V.“ und damit zu 100% die Mitarbeiter und Patienten der Clinique St. Luc in Tuléar 2013 tatkräftig unterstützt haben, für Ihre Mitarbeit danken.  Bitte helfen Sie auch weiterhin. Wir als Verein garantieren die zuverlässige Verwendung der Spenden materieller und finanzieller Art.

 

Rippicha im Januar 2014

 

Heike & Frank Melzer